Wissenschaftlicher Name: Frangula
Familie: Kreuzdorngewächse (Rhamnaceae)
Gattung: Faulbäume (Frangula)
Astrologie: Saturn
Organbezug: Darm
Toxizität: mittel
Inhaltsstoffe:
Anthranoide: (Gluco)franguline: (Gluco)frangulin A, (Gluco)frangulin B, Gerbstoffe
Anerkannte Wirkung (nach Kommission E):
Verstopfung
Gegenanzeigen:
Darmverschluss, chronisch- entzündliche Magen- Darmerkrankungen, wie z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Blinddarmentzündung oder -reizung, sonstige ungeklärte Oberbauchbeschwerden, nicht geeigent für Kinder unter 12 Jahren, nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit anwenden, nicht länger als 2 Wochen anwenden
Wechselwirkungen:
bei längerfristiger Verwendung ist durch einen Kaliummangel eine verstärkte Wirkung von Herzglykosiden (Digitalisglykoside) sowie eine veränderte Wirkung von Antiarrhythmika möglich, dies kann durch gleichzeitige Einnahme von Thiaziddiuretika, Nebennierenrindensteroiden oder Süßholzwurzel noch verstärkt werden
Nebenwirkungen:
vereinzelt krampfartige Magen- Darmbrschwerden (dann sollte die Dosis verringert werden), bei längerfristiger Verwendung: Elektrolytverluste (insbes. Kalium), Albuminurie, Hämaturie, harmlose Pigmenteinlagerungen in der Darmschleimhaut sowie Störungen der Herzfunktion und ggf. Muskelschwäche durch Kaliummangel

Gemeiner Faulbaum

Benennung

Namensursprung

Frangula ist der Name des Faulbaumes bei Matthiolus und Dodonaeus, er wird vom lateinischen frangere = brechen abgeleitet, in bezug auf das brüchige Holz; alnus ist eigentlich der Gattungsname der Erle. Der Name Faulbaum geht wohl darauf zurück, daß die Rinde einen fauligen Geruch (oder Geschmack) hat.

Weitere Namen

Faulbaum, Pulverholz

Der Name Faulbaum ist auch im Volke ziemlich verbreitet: Fulboom, Fultholt (niederdeutsch), Fülk’n (Mark), Faulkirschen (Innsbruck), Ful-Beri (Züricher Oberland), Fulholz (St. Gallen). Auf den unangenehmen Geruch weisen ferner hin Stinkbaum (Westfalen), Stinkebêre (Göttingen), Stinker, Stinkbôm (Schwäbische Alb), Stinkwide (Aargau). Wegen der ungenießbaren (sogar als giftig geltenden) Beeren wird der Strauch bzw. seine Früchte genannt: Buukkasten, weil sie Bauchweh hervorrufen (Brandenburg), Hundsber (bayrisch-österreichisch), Hundsbäumes (Schwäbische Alb), Vögelbeer, den Vögeln überlassen (Niederösterreich), Chrotteholz, -beeri, -stude (Schweiz), Düwelsbeeren (Westfalen). Die Beeren finden als Abführmittel Verwendung, daher Scheißbeeren (in verschiedenen Gegenden) genannt. Auf die Verwendung des Holzes gehen zurück: Zappeholz (Nahegebiet), Zapfe(n)holz (Schweiz, Elsaß); Pfifäholz (St. Gallen); Pulverholz, Faulbaumkohle zu Schießpulver (Oberdeutschland); Grindholz, Rinde als Waschmittel bei Krätze, Grind (Nahegebiet, Unterfranken); Gichtholz (Mecklenburg). Chollgert, Chingerte (Schweiz).

französisch: Frangule, nerprun bourgène, aune noir, bois noir, puène, bois à poudre, rhubarbe des payans
englisch: alder buckthorn, berrybearing alder, butcher’s pricktree
italienisch: Frangula, fragola, putine, alno nero
dänisch: Frangula
norwegisch: Trollhegg, Brakall
polnisch: Kruszyna
russisch: Kruszyna
schwedisch: Brakved
tschechisch: Krušina obecná
ungarisch: Kutyabenge

Gebräuchliche Drogen und Zubereitungen

  • Faulbaumrinde (Frangulae cortex)

Vorkommen

Eurasien, Nordafrika und Nordamerika

Botanik

Der unbewehrte, in Eurasien, Nordafrika und Nordamerika verbreitete, bis 3 m hohe Strauch oder 7 m hohe schmächtige Baum mit glatter, in der Jugend grüner, später graubrauner Rinde, mit verkehrt eiförmigen, vorn zugespitzten, etwas gezähnten Blättern, mit kleinen, unscheinbaren weißlichen Blüten in zwei- bis zehnblütigen blattachselständigen Trugdolden und anfangs grünen, dann roten und zur Reife schwarzen Früchten ist auf feuchtem bis trockenem Boden als Unterholz anzutreffen.
Blütezeit: Mai bis Juni

Sammelzeit:

ganzjährig

Geschichte und Mythologie

Der Gebrauch des Faulbaums in der Heilkunde scheint im Altertum unbekannt gewesen zu sein. Im Latein des Mittelalters wird er unter den Namen "frangula, boudena, avornus" selten genannt. Der erste, der auf die abführende Wirkung der Rinde hinweist, ist Petrus de Crescentiis (1305), der den Faulbaum unter dem Namen "anormis" oder "avornus" als einen kleinen Baum, dessen Rinde den Stuhlgang fördere, erwähnt. Von den deutschen Botanikern des 16. Jahrhunderts beschreibt ihn H. Bock zuerst ausführlich, jedoch weiß er nichts über die abführende Wirkung (vgl. S. 1372) zu berichten. Im 17. und 18. Jahrhundert gelangte er dann als volkstümliches Abführmittel zu so hohem Ansehen, daß ihn die Ärzte jener Zeit als "Rhabarbarum plebejorum" bezeichneten. Im Bergischen glaubt man, daß die Rinde, wenn sie nach oben geschabt wird, ein Bre!X!hmittel, wenn sie nach unten geschabt wird, ein Abführmittel sei. Die Wenden des Spreewaldes schaben gegen Fieber von neun einjährigen Zweigen des "Hundsholzes" (wie der Faulbaum genannt wird), die grüne Rinde ab, kochen sie in Bier und trinken sie als Absud. Früher wurde das Holz des Faulbaumes wegen seiner aschearmen Kohle zur Herstellung des Schwarzpulvers benutzt. Als das rauchlose Pulver aufkam und die ehedem betriebene Kultur des Faulbaumes vernachlässigt wurde, hörte auch die Gewinnung der Rinde zu Arzneizwecken so gut wie vollständig auf. Erst im Kriege wurde wieder mehr darauf zurückgegriffen. In manchen Gegenden gilt der Faulbaum als Orakel für die zukünftige Ernte.

Traditionelle Anwendung

Faulbaum wirkt abführend und wird als Ableitungsmittel auf den Darm verordnet. So hat sich das Mittel vielfach bewährt bei Verstopfung (Obstipation), insbesondere hämorrhoidaler Verstopfung und chronischer Obstipation nach Mißbrauch drastischer Mittel, bei Leber-, Gallen-und Milz-leiden, Ikterus, Dickdarmerschlaffung und gegen Hämorrhoiden. Des weiteren wird es bei Hydrops, fieberhaften Erkrankungen und im Teegemisch zu Blutreinigungs- und Entfettungskuren viel verwendet. Auch ist Frangula ein bekanntes Anthelmintikum. Nach Retsch ist es von Nutzen, bei Mundfäule der Kinder mit in Essig gesottener Frangula spülen zu lassen. Der Absud der inneren Rinde kann auch zu Waschungen bei Grind und Krätze verwendet werden. Frangula wird häufig im Teegemisch mit anderen purgierenden und blutreinigenden Kräutern verordnet.

Dosierung

1 halber Teelöffel ein- bis maximal zweimal täglich
 
(nicht länger als max. 14 Tage anwenden!)

Historische Anwendung

Hieronymus Bock (Bock, Kreutterbuch, Straßburg 1565, S. 361.) beschreibt die Faulbaumrinde als Mittel gegen Grind und faule Zähne, ohne ihre abführende Wirkung zu erwähnen, während Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626.) ihre purgierende Kraft dem Rhabarber gleichstellt.
Nach v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 672.) führt die Rinde "die wässerigen Feuchtigkeiten nachdrücklich ab"; er empfiehlt sie deshalb bei Wassersucht (bezeichnenderweise der armer Leute).
Auch Osiander (Osiander, Volksarzneymittel, S. 97, 184, 471.) empfahl sie zum Abführen und Blutreinigen.
Münch und Krocker (Zit. bei Aschenbrenner, Die neueren Arzneimittel und Arzneizubereitungsformen, S. 150, Erlangen 1851.) lobten die Wirkung bei Krätze.
In der französischen Medizin wird Frangula allgemein als mildes Purgans, das niemals starke Reizungen und Schmerzen hervorruft, geschätzt (Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 2.).
Fritsch (Fritsch, Therapeutische Monatshefte, Oktober 1909.) empfiehlt den Fluidextrakt dreimal täglich 1 Tee- bis Eßlöffel voll als mildes Abführmittel, besondersnach Operationen und für Wöchnerinnen.
Bohn (Bohn, Die Heilwerte heim. Pflanzen, S 53.) führt sie als wirksames Mittel bei Anschwellungen von Leber und Milz, bei hämorrhoidaler Verstopfung und bei davon herrührendem Ikterus und Hydrops an.
Bei Darmspasmen verordnet sie Simmel (Simmel, Münchn. med. Wschr. 1925, Nr. 8, S. 330.) zusammen mit Belladonna-Extrakt. Die frische Rinde wirkt brechenerregend und verursacht heftige Gastroenteritis mit Diarrhöe (Kobert, Lehrb. d. Intoxikat., S. 356.), deshalb muß sie nach den Arzneibuchvorschriften ein Jahr getrocknet und gelagert werden. Auch ein Erhitzen auf 100° beseitigt die brechenerregende, darmreizende Komponente.
Die Anthrachinondrogen, zu denen Frangula gehört, erregen die Dickdarmperistaltik. Dabei liegt der Angriffspunkt in der Dickdarmschleimhaut selbst (Magnus, Pflügers Arch., 122, 251, 1908; Stierlin, Münchn. med. Wschr. 1910, Nr. 27.), vgl. auch das Kapitel Anthrachinone. Da sie weder Hyperämie der Beckenorgane, noch Reizung des Darmes, noch Kolikschmerzen verursacht (Kroeber, Das neuzeitl. Kräuterbuch, S. 136.), ist sie ein brauchbares Abführmittel. Nach Gebrauch übergroßer Dosen kann es allerdings zu heftigen, choleraähnlichen, u. U. blutigen Diarrhöen, bei Graviden auch zu Abort kommen (Geßner, Gift- u. Arzneipfl. v. Mitteleuropa, S. 113.). Das vorwiegend wirksame Prinzip ist ein Frangulaemodin-Rhamnoglukosid (Maeder, Dissertat. Basel 1925.). Die in geringen Mengen in der Droge enthaltene Chrysophansäure ist im reinen Zustand ein lokal stark reizendes Gift, das bei seiner Ausscheidung durch die Nieren heftige Schädigungen bewirken kann, die u. U. zum Tode führen (Vgl. 12).).
Zanotti (Zanotti, Bollet. chim. pharm. 1929, 449.) veröffentlicht eine vergleichende Studie über Faulbaumrinde und Cascara sagrada-Rinde. Nach ihm ist der Geschmack der Faulbaumrinde nicht unangenehm und viel weniger bitter, während die Sagradarinde unangenehm schmeckt, bitter und scharf ist. Auch die Auszüge unterscheiden sich in charakteristischer Weise. Der Verfasser zieht daraus den Schluß, daß die wirksamen Bestandteile der beiden Rhamnaceenrinden sowohl qualitativ als auch quantitativ verschieden sind und daß die Sagradarinde reicher an Tannin ist als die Faulbaumrinde. Wegen des angenehmeren Geschmackes und des geringeren Gehaltes an dem die abführende Wirkung störenden Gerbstoff ist die einheimische Frangula unbedingt der ausländischen Cascararinde vorzuziehen. (Verf.)
Frangula ist auch als ein gutes Wurmmittel bekannt. Nach Straub (Straub, zit. nach E. Knaffl-Lenz, Die internationalen Methoden der biologischen Wertbestimmung und ihre Standardpräparate in Abderhaldens Handbuch der biol. Arbeitsmethoden, Abt. IV, Teil 7, Heft 9, S. 1574.) eignen sich die Regenwürmer und nach anderen Autoren auch kleine Fische als biologische Testobjekte für die Wirksamkeit der Wurmmittel. Inzwischen sind jedoch gegen diese Nachprüfungsart Einwände geltend gemacht worden.
So wiesen Lamson und Ward (Lamson, Paul D., and Charlotte B. Ward (Vanderbilt Univ. School of Med., Nashville) Science (N. Y.) 1936, II, 293-294; ref. in Ber. über die ges. Physiologie u. exp. Pharmakol. 1937, Bd. 97, H. 5/6, S. 508.) die Unbrauchbarkeit des Regenwurms als Testobjekt für die Ermittelung der Wirkungsstärke von Wurmmitteln experimentell nach und empfehlen statt des Regenwurms den leicht zu beschaffenden Spulwurm des Schweines. Es wurden mit 121 Substanzen vergleichende Untersuchungen am Regenwurm und am Schweinespulwurm angestellt mit dem Ergebnis, daß nur 6% der untersuchten Substanzen an beiden Objekten eine leidlich übereinstimmende Wirkung zeigten. In 58% überlebten die Askariden 20 Stunden, während die Regenwürmer in der Zeit von 2 Minuten bis 6 Stunden starben. 67% töteten den Regenwurm innerhalb von 30 Minuten, während nur 8% dieser Substanzen in dieser Zeit den Tod der Spulwürmer herbeiführten.