Wissenschaftlicher Name: Senna alexandrina
Familie: Leguminosae
Gattung: Senna
Astrologie: Saturn
Organbezug: Darm
Toxizität: mittel
Inhaltsstoffe:
1,8-Dihydroxyanthracen-Derivate (Anthrachinone, Sennoside), Schleimstoffe, Glucoside, Flavonoide
Anerkannte Wirkung (nach Kommission E):
Verstopfung (Obstipation)
Gegenanzeigen:
Darmverschluss, chronisch- entzündliche Magen- Darmerkrankungen, wie z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, Blinddarmentzündung oder -reizung, sonstige ungeklärte Oberbauchbeschwerden, nicht geeigent für Kinder unter 12 Jahren, nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit anwenden, nicht länger als 2 Wochen anwenden
Wechselwirkungen:
bei längerfristiger Verwendung ist durch einen Kaliummangel eine verstärkte Wirkung von Herzglykosiden (Digitalisglykoside) sowie eine veränderte Wirkung von Antiarrhythmika möglich, dies kann durch gleichzeitige Einnahme von Thiaziddiuretika, Nebennierenrindensteroiden oder Süßholzwurzel noch verstärkt werden
Nebenwirkungen:
vereinzelt krampfartige Magen- Darmbrschwerden (dann sollte die Dosis verringert werden), bei längerfristiger Verwendung: Elektrolytverluste (insbes. Kalium), Albuminurie, Hämaturie, harmlose Pigmenteinlagerungen in der Darmschleimhaut sowie Störungen der Herzfunktion und ggf. Muskelschwäche durch Kaliummangel

Sennespflanze

Benennung

Namensursprung

Senna oder Sennes (mittelhochdeutsch Sen, Senetblätter) wurde vom arabischen sanâ, sannâ, der Bezeichnung für die Pflanze oder die Blätter, abgeleitet. Cassia, vom Hebräischen Kezioth, wurde von den alten griechischen und römischen Schriftstellern wohl für die Zimtkassia gebraucht und ist später, weil einige Arten eine gewürzhafte Rinde haben, auf unsere Gattung übertragen worden; acutifolia = spitzblätterig.

Weitere Namen

Senna, ägyptische Sennes, Sämschblätter

– – –

Französisch: Séné; englisch: Senna leaves; italienisch: Senna.

Gebräuchliche Drogen und Zubereitungen

  • Sennesblätter (Sennae folium)
  • Sennesfrüchte (Sennae fructus)

Vorkommen

Die Pflanze ist einheimisch im tropischen Afrika, Nubien, Kordofan, Senaar, Timbuktu sowie in Vorderindien. Sie wird aber auch in Ostindien kultiviert.

Botanik

Aus der senkrecht in den Boden gehenden, ausdauernden Wurzel entspringen zahlreiche aufrechte Stengel. Sie sind unten holzig und werden bis zu 60 cm hoch. Die rutenartigen Äste sind anfangs kurzhaarig, später kahl. Die Blätter sind wechselständig und vier- bis fünfpaarig gefiedert, steif papierartig und an ihrer Unterseite bleich oder blaugrün. Die Spitze des Blattes formt sich zu einem Stachel. Die Nebenblätter sind zurückgebogen oder stehen ab. Die zwitrigen Blüten stehen zu zwölft in einer achselständigen Traube. Die Blütenblätter sind verkehrt-eiförmig, leicht vertieft, geadert und von gelber Farbe. Zehn Staubgefäße besitzen sie. Davon sind die drei obersten klein und unfruchtbar, die drei untersten niedergebogen und bogenförmig aufsteigend. Sie öffnen sich mit zwei Löchern an der Spitze. Die gestielten Stempel haben einen niedergebogenen und zusammengedrückten Fruchtknoten. Der Griffel ist fadenförmig und bogig aufsteigend, die Narbe stumpf. Die Hülsen sind papierartig, flach, oval-länglich und ein wenig aufwärts gekrümmt. Ihre Länge beträgt etwa 4-6 cm, die Breite ca. 2-2,5 cm. Am Grund verschmälern sie sich in einen schiefen Stiel, der oben breit abgerundet ist. An der Stelle der Samen ist er ein wenig angeschwollen. Er enthält vier- bis sieben Fächer. Im unreifen Zustand sind die Hülsen weichhaarig, quergeadert, kastanienbraun und am Rand gelblich-olivgrün.

Sammelzeit:

ganzjährig

Geschichte und Mythologie

Die griechischen und römischen Schriftsteller des klassischen Altertums erwähnen die Sennablätter nirgends. Die ersten Nachrichten stammen von den späteren griechischen und namentlich von den arabischen Ärzten. Im 9. Jahrhundert empfiehlt Serapion der ältere aus Baalbeck zuerst die Droge, und Isaac Judaeus (ägyptischer Arzt, gestorben um 950) bezeichnet die Senna aus Mekka, in welcher Flückiger die Cassia angustifolia zu erkennen glaubte, als die vorzüglichste. Masawach ben Hamech, bekannt unter dem Namen der jüngere Mesuë, der als Arzt am Hofe des Kalifen Alhakem in Kairo im 12. Jahrhundert lebte, berichtet schon von wilden und kultivierten Sennasträuchern, unter welchen letzteren wahrscheinlich Cassia obovata zu verstehen ist. Verwendung fanden damals hauptsächlich die Hülsen (Folliculi Sennae, Sennesbälge), von denen Mesuë behauptete, daß sie wirksamer als die Blätter seien, jedoch wurden sie nicht als Purgans, sondern gestoßen als kühlendes Mittel bei Augenleiden und Lepra verwendet. Cassia obovata Coll. wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien kultiviert, daher der Ausdruck Senna italica, der zu jener Zeit allgemein gebräuchlich war. Jedoch wurde der Anbau wegen Geringwertigkeit bald wieder aufgegeben. Die Sennesblätter von Cassia acutifolia scheinen erst später bekannt geworden zu sein. Damit das Mittel nicht für den Magen schädlich wirke, wurde empfohlen, es mit Fleischbrühe und Gewürz zu genießen. 1808-1828 war der Handel mit Senna in Ägypten unter Mohammed Ali monopolisiert und verpachtet.

Traditionelle Anwendung

Sennesblätter sind ein äußerst beliebtes Abführmittel. Auf dem Markt sind zahlreiche Fertigpräparate in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich.
Es kann ebenfalls zur Darmentleerung und zu Ausleitung und Entschlackung verwendet werden.
 
Die Wirkung tritt erst nach etwa 8 bis 10 Stunden ein.
 
 
 

Dosierung

1 halber Teelöffel ein- bis maximal zweimal täglich
 
(nicht länger als max. 14 Tage anwenden!)

Historische Anwendung

Schon von Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 405, 535, 555.) wurden die Sennesblätter als Purgans angeführt.
Auch Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 103.), Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 356.) und Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 430.) gebrauchen sie als Laxans und rühmen sie als das nützlichste und unschädlichste aller treibenden Arzneimittel, das zugleich "den Schleim und Melancholei austreibt, das Geblüt reinigt, Milzstiche benimmt und das Herz und alle inwendigen Glieder erfreut". Besonders der Kindbetterin soll Senna eine nützliche Arznei sein, aber auch bei Lungen- und Leberleiden, alten Fiebern und Grind helfen.
Matthiolus hat mit Senna, Agaricus, Rhabarbarum und Guajacum sogar Lues geheilt.
v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1217.) ist der Ansicht, daß die vornehmste Kraft der Sennesblätter im Laxieren bestehe, daß sie aber Grimmen und Blähungen verursachten.
Als Purgans auch für empfindliche Personen empfiehlt Hecker (Hecker, Pract. Arzneimittell., 1814, Bd. 1, S. 584.) die Folia Sennae, die zur Entleerung von "Unreinigkeiten der ersten Wege", zur Fortschaffung von Wasseransammlungen mittels des Stuhlganges und zur Umstimmung anderer Organe durch erhöhte Darmtätigkeit und -sekretion nützlich seien. Besonders günstigen Einfluß schreibt er ihnen auf Verschleimung des Darmkanals und der Brust und auf chronische Katarrhe zu.
Im Arzneischatz Hufelands (Hufeland, Enchir. med., S. 74, 164, 182, 205, 303, 348, 359, 379, 393, 544; Journal Bd. 2, S. 155 u. a.) stellen sie ein beliebtes Purgans dar.
Clarus (Clarus, Handb. d. spec. Arzneimittell., 1860, S. 978.) erwähnt außer der purgierenden Wirkung der Senna auch die diuretische, resorptionsfördernde, derivatorische, cholagoge und blutalterierende und verordnet sie als schnell wirkendes kräftiges Purgans überall da, wo eine träge Verdauung durch Anregung der Darmperistaltik behoben werden soll. Bei Gastroenteritis und Gravidität ist sie kontraindiziert.
Die Wirkung der Sennesblätter als Purgans wird mit den gleichen Einschränkungen auch in der heutigen offiziellen Medizin verwertet (Marfori-Bachem, Lehrb. d. klin. Pharm., S. 511.), ebenso in der Volksmedizin (Osiander, Volksarzneymittel, 1829, S. 354; Friedrich, Sammlung von Volksarzneimitteln, 1845, S. 144.).
Die Sennesblätter gehören in die Reihe der Oxymethylanthrachinon enthaltenden Drogen (enthalten u. a. ein Gemisch Cathartinsäure, Rhein, Aloëemodin, Isorhamnetin, außerdem Harze (Wehmer, Pflanzenstoffe, S. 505.), die breiige Entleerungen verursachen, in hohen Dosen aber Darmreizungen, Tenesmus, Nausea, Vomitus, Darmkoliken und u. U. Abort hervorrufen (Vgl. 9), S. 505, 511.).
R. Magnus (R. Magnus, Arch. f. d. ges. Physiol., 122, 251, 1908.) untersuchte eingehend den Einfluß des Sennainfuses auf die Verdauungsorgane und kommt zu folgendem Schluß: "Es reizt erstens den Magen nicht und wirkt zweitens auf den Dickdarm, während der Dünndarm unbeeinflußt bleibt. Die Dickdarmwirkung betrifft ausschließlich dessen Motilität, von einer gesteigerten Sekretion ist nichts wahrzunehmen. Der Eindickungsmechanismus im proximalen Kolon ist aufgehalten. Die Erregung der Dickdarmbewegung erfolgt, sobald das Abführmittel ins Kolon gelangt, und nicht allein vom Rectum aus."
Der Eintritt der Sennawirkung wird weder durch Morphin (Magnus) noch durch Tannalbin (Hesse) (O. Hesse, Arch. f. d. ges. Physiol., 151, 363, 1913.) verhindert.
Straub und Gebhardt (Straub u. Gebhardt, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 1936, Bd. 181, S. 399.) kamen in Versuchen über die wirksamen Inhaltsstoffe der Folia Sennae zu dem Resultat, daß der 10%ige Infus die Wirksamkeit der Blätter vollständig erschöpft. Die wirksamen Bestandteile sind Anthranolglykoside; bei der Spaltung der Glykoside geht das Anthranol leicht in das Chinon über, dieses ist identisch mit Aloë-Emodin. Es wurde ein kristallisiertes Reinglykosid dargestellt, das sehr schwer mit Säure spaltbar ist. Daneben existiert eine Glykosidfraktion, die noch nicht rein dargestellt werden konnte. Sie ist schon von ganz schwachen Säuren, wie den im Blatt enthaltenen Pflanzensäuren, spaltbar. Das Glykosid ist zu etwa 1% in den Blättern enthalten und der hauptsächlichste Träger der Wirksamkeit. Es wird nicht auf dem Wege durch den Darm, sondern auf dem Umwege durch das Blut wirksam, so daß es auch subkutan gegeben abführt (Straub, zit. i. Münchn. med. Wschr. 1936, H. 35, S. 1449.).
Vergleichende Untersuchung der toxischen Wirkung heißer und kalter 2,5%-Auszüge von Folliculi und Folia Sennae auf Daphnien.
Näheres über die Anthrachinonwirkung vgl. das Pflanzenkapitel Aloë und das Kapitel Anthrachinone der Einleitung, ferner Magnus (R. Magnus, in Heffter-Heubners Handb. d. exp. Pharm., Bd. II, 2, S. 1592.).
Die abführende Wirkung nach therapeutischen Dosen von Senna tritt nach etwa 6-7 Stunden ein.
Um die als Ursache der Koliken angesehenen harzigen Bestandteile der Droge zu entfernen, werden die Blätter häufig mit Weingeist extrahiert; dabei gehen aber auch wirksame Substanzen mit verloren (Wasicky, Lehrb. d. Physiopharm., S. 317; vgl. auch 8), S. 980.), so daß von einer Verordnung dieser Folia Sennae sine resina abzuraten ist.
Versuche (Nach eigenen Untersuchungen.) über die verschiedene Einwirkung von kalt und heiß zubereiteten Auszügen von Folia und Folliculi Sennae auf Daphnien ergaben, daß die toxische Wirkung der Folia in allen untersuchten Fällen stärker war als die der Folliculi und daß die heißen Auszüge bedeutend toxischer sind als die kalten (vgl. auch die graphische Darstellung auf der Seite 2540).
Reuter nennt es das allerbeste Mittel bei chronischer Obstipation für jahrelangen Gebrauch. Doch auch hier gehen die Meinungen sehr auseinander, denn Kleine, Wuppertal, zieht die Verordnung von Colocynthis vor, da die längere Anwendung von Senna seiner Ansicht nach zu einer richtigen Stillegung der Darmfunktionen führe. Bei blutigen und entzündlichen Affektionen im Bereiche der Bauchhöhle wird vor einer Verordnung von Senna in starken Dosen gewarnt.
Gegen Azidose bei Diabetes lobt es Schmitz, während Funke es bei nächtlichen Blutwallungen empfiehlt.Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung verschiedener Heilpflanzen