Die Mariendistelfrüchte werden im August geerntet.
Bei Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 147.) findet der Mariendistelsamen Anwendung als zusammenziehendes Mittel, gegen Seitenstechen und Freysen der Kinder.
Auch Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 225 C.) nennt Seitenstechen, außerdem Pestilenz als Indikationen, im übrigen aber verwendet er vorwiegend die Wurzel, die diuretisch, emmenagog und nierensand- und -steintreibend, galaktagog, öffnend und – äußerlich angewandt – gegen Zahnweh wirken soll.
v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 312.) lobt das Kraut gegen Seitenstechen, alle Gebrechen der Leber, Weißfluß und als Breiumschlag gegen beginnenden Brust- und Nasenkrebs; die Samen gegen "hizige Fieber, wo man noch einigen gelinden Schweiß erhalten will".
Der Marien- oder Frauendistelsamen ist das vielgerühmte Lebermittel Rademachers (Rademacher, Erfahrungsheillehre, 1851 (1. Bd.), S. 140.), der ihn bei chronischen Leber- und Milzleiden, akuter Hepatitis mit Seitenstechen, Husten, blutigem Auswurf, bei Ikterus, Gallensteinkolik und chronischer Menorhagie mit großem Erfolg anwandte.
Auch Kissel (Kissel, Handb. d. naturwissenschaftl. Therapie, S. 425-445; ders., Die Heilmittel Rademachers. S. 197.), der bedeutendste Vertreter der Rademacherschen Schule, bestätigt die Heilwirkung bei akuten und chronischen Leber- und Milzaffektionen durch verschiedene Krankheitsberichte aus eigener Praxis.
Grävell, Brenschedt und Lobach (Grävell, Med. Centr.-Ztg. 1850, S. 99; Brenschedt, Bernhardis Ztschr. 1851 V. 1; Lobach, Verh. d. phys.-med. Ges. in Würzburg 1858, Bd. 8, S. 288.) wandten die Samen zur Anregung der Pfortaderzirkulation und der Gallensekretion an bei abdominellen Blutstockungen und deren Folgeerscheinungen: Ikterus, Hämorrhoiden, schwacher oder übermäßiger Menstruation usw.
Reil (Reil, De carduo Mariae pharmaco, Halle 1852.) stellte allerdings stopfende, Kopfweh und leichte Benommenheit verursachende Wirkung fest.
Schulz (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 256.) konnte bei Nachprüfung die Rademacherschen Angaben bestätigen und empfiehlt die Mariendistel bei "den eigenartigen, ursächlich nicht immer klar zu deutenden, besonders bei Frauen wiederholt auftretenden Schmerzanfällen in der oberen Partie des Colon ascendens und der Lebergegend, wie auch bei ausgesprochener Cholelithiasis".
Bei Versuchen, die mit der Tinktur von Carduus marianus angestellt wurden, konnten nach Westphal (Westphal, Gallenwegsfunktion u. Gallensteinleiden, zit. b. Nadosy, Allg. hom. Ztg. 1936, S. 397.) erst Hemmung des Gallenabflusses durch Motilitätshemmung, dann starke Anregung festgestellt werden.
Leclerc (H. Leclerc, Précis de Phytothérapie, S. 130, Paris 1927.) setzt die Mariendistel in ihren Wirkungen dem Benediktenkraut gleich und erwähnt, daß den Samen eine blutdrucksteigernde Eigenschaft zugesprochen wird.
Nach Meyer (E. Meyer, Pflanzliche Therapie, S. 104, Leipzig 1935.) kann die Tinktur aus den Samen der Mariendistel bei Gelbsucht und Gallensteinleiden manchmal mit Erfolg angewandt werden. Als hauptsächlich wirksame Bestandteile enthält der Same Gerbstoff, Amine und Tyramine (Ullmann, Biochem. Ztschr. 1922, Bd. 128, S. 402.)
Bei Varizen empfiehlt Donner, Berlin, den Wechsel mit Calcium fluoratum, das noch besser auf den Tonus der Venenwandungen wirke. Er hat mit vielen anderen (Mattern, Pöller) mit dieser Behandlung häufig gute Resultate gehabt, so wurde ein Spinnereiarbeiter, der 1 ½ Jahre über Schmerzen durch Venenerweiterung klagte, in wenigen Tagen durch die Verabreichung von 5 Tropfen Carduus mar. Ø morgens und zweimal 1 Tablette Calcium fluoratum D 6 nachmittags schmerzfrei. Dagegen schreibt mir Schleihauf, Freiburg, daß Carduus Varizen nicht zum Verschwinden bringe. In schweren Fällen dürfte man ohne starkes Hautbürsten nicht auskommen. K. Bischoff, Berlin, nennt es ein vorzügliches Herzmittel bei Lebererkrankungen. Schließlich werden als Indikationen mir noch empfohlen: Hydrops, auch Aszites, von der Leber ausgehend, Nasenröte (E. Stieber lobt es hier sehr), Schwindel, Magenleiden, Bauchspeicheldrüsenerkrankung, Amenorrhöe, Husten mit Seitenstechen, Fieber, Vermes und Hautjucken. Mußler, Wiesbaden, beobachtete, daß bei Personen, die an Stirnhöhlenvereiterung operiert waren, und bei denen im Anschluß an die Operation der Abflußgang gesperrt war, jedesmal nach Einnahme von Lebermitteln, z. B. auch nach Carduus marianus, stärkere Sekretabsonderung mit heftigen Stirnkopfschmerzen eintrat.